Überdruck-Belüftungssysteme sind der Schlüssel um Probleme im Kälberstall zu lösen:

Ventilation sichert die Gesundheit der Kälber und ihrer Atemwege.

Von Ken Nordlund, D.V.M., Becky Brotzman, D.V.M. und Artoro Gomez, D.V.M.

In den acht Jahren, seit wir unser erstes Überdruck-Belüftungssystem für einen Kälberstall entworfen haben, ist das Interesse gewachsen. Heute werden jeden Monat Hunderte davon installiert. Was erklärt die beeindruckende Akzeptanz dieses Systems? Was bietet dieses neue System, das herkömmliche Modelle nicht können?

Während Überdruckschläuche seit mehr als 50 Jahren in Stallgebäuden bestanden haben, sind die neuen Systeme anders. Der herkömmliche Schlauch wurde mit einem Ventilator betrieben, der innerhalb des Stalles etwa einen Meter vom Lüftungsschlitz entfernt an der Stallmauer angebracht war. Die Anbringung des Ventilators innerhalb des Stalles hatte zur Folge, dass die Stallluft vorwiegend nur umgewälzt wurde. Zwar sorgte er innerhalb des Stalles für einen Temperaturausgleich, verteilte aber gleichzeitig auch den Staub und die Bakterien im Stallinneren.

Wenn ein einzelnes erkranktes Tier seine Atemwegs-Krankheitserreger an die Luft abgab, sorgten die herkömmlichen Umwälzsysteme dafür, dass jedes andere Tier im Stall den Keimen ausgesetzt war.

Im Gegensatz dazu werden die neuen Überdruck-Belüftungssysteme mit einem Ventilator betrieben, der in der Außenwand des Stalls montiert ist. Sie liefern 100-Prozent frische und manchmal auch kalte Luft in einem geschlossenen Textilschlauch-System – mit kundenspezifischen Öffnungen, die die Luft kontrolliert im Stall verteilen. Die Frischluft erreicht durch die moderne Gestaltungstechnik die Mikroumgebung eines jeden Kalbes, ohne dabei Zugluft zu erzeugen.

Kälberställe sind normalerweise so konzipiert, dass sie bei kaltem Wetter mit niedrigen Austauschraten und bei warmem Wetter mit hohen Austauschraten belüftet werden. Es ist sicher hilfreich zu wissen, dass die minimalen Belüftungsraten ausreichen, um die Gesundheit der Atemwege zu unterstützen, wobei die hohen Belüftungsraten einen Hitzestau verhindern. Während die natürliche Ventilation und die Absaugsysteme die Kälberställe bei warmem Wetter wirkungsvoll belüften können, haben beide Ansätze im Winter ihre Probleme. Die besondere Eigenschaft des Überdruck-Belüftungssystems führt dazu, dass die minimalen Belüftungsraten für jedes Kalb ohne Zugluft gewährleistet werden können.

SOWOHL DIE NATÜRLICHE VENTILATION ALS AUCH DAS ABSAUGSYSTEM HABEN NACHTEILE IN DEN KÄLBERSTÄLLEN.

BEI KORREKTER PLANUNG UND INSTALLATION KÖNNEN ÜBERDRUCK-BELÜFTUNGSSCHLÄUCHE DIE PROBLEME VERRINGERN.

Der Vorteil gegenüber anderen Systemen ist die Triebfeder für die hohe Akzeptanz des Überdruck-Belüftungssystems.

Natürlich belüftete Ställe sind so konzipiert, dass sie zwei Kräfte für deren Belüftung nutzen: den Wind, der gegen oder über das Gebäude bläst, und den thermischen Auftrieb der warmen Luft, die durch die Firstöffnung aufsteigt und entweicht. Weil die natürliche Ventilation ohne die zusätzlichen Kosten für Ventilatoren oder Elektrizität erfolgt, sollte sie so weit wie möglich auch genutzt werden.

Die natürliche Belüftung hat ihre Grenzen

Die natürliche Ventilation zeigt eine Menge von Schwachpunkten. Manchmal setzt der Wind aus und es herrscht Windstille. In diesem Fall erzeugen erwachsene Kühe genügend Hitze, um den Stall durch den thermischen Auftrieb erfolgreich zu belüften. Der Kälberstall hat dagegen an windstillen Tagen seine Probleme, weil die Kälber wenig Hitze selbst generieren können. Die mögliche Belüftung durch den thermischen Auftrieb hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Außentemperatur kälter ist als die Luft im Stall. Im Gegensatz dazu ist es um die Mittagszeit draußen oft wärmer als im Stall – wie man in der Grafik sehen kann.

Abbildung: Im Januar ist es mittags draußen wärmer als im Stall

Selbst wenn es ausreichend Wind bei diesen Bedingungen geben sollte, neigt die warme Außenluft eher dazu, aufzusteigen als in den Kälberbereich zu dringen. Während dieser Stunden, an denen die Außentemperatur höher ist, wird die natürliche Ventilation sowohl unter windigen als auch unter windstillen Bedingungen ausgesprochen schlecht sein. Wenn zu guter Letzt die Luft auf der Windseite doch in den Stall eindringen sollte, ist die Verteilung dieser frischen Luft im ganzen Stall im Winter unwahrscheinlich, da die gesamte Luftaustauschrate zu niedrig ist.

Die Absaugung hat auch ihre Schwächen

Das herkömmliche Absaugsystem mit einem Absaugventilator an der Wand und Lufteinlässen um das Gebäude zeigt deutliche Mängel. Ein gutes Absaugsystem hängt von der passenden Größe des Ventilators ab. Der Ventilator muss mit den Einlässen abgestimmt sein, damit sich die einströmende Luft gut mit der Innenluft vermischt. Er muss so angebracht sein, dass die hereinkommende Luft gleichmäßig verteilt wird. Allerdings wurden diese Bedingungen bei unseren Untersuchungen von Hunderten von Kälberställen nur selten erreicht.

Es wird allgemein empfohlen, dass die Absaugrate im Winter für einen viermaligen Luftaustausch pro Stunde sorgen soll. Um diese Idealwerte zu erreichen, sind die Ventilatoren oft unzureichend dimensioniert. Bei den Absaugsystemen ist es erforderlich, dass die gesamte Lufteinlassfläche der Ventilatorgröße angepasst ist. Um eine Luftversmischung zu erreichen, müssen die Einlässe so dimensioniert sein, dass die Luft mit ungefähr 2,54 m/s in den Stall kommt, was einer Fläche von 0,18 m² bei einer Ventilatorleistung von 1700 m³/h entspricht.

Bei den niedrigen Ventilationsraten, die im Winter verwendet werden, ist es extrem schwer, die erforderlichen sehr kleinen Lufteinlässe zu konstruieren. Noch schwerer ist es dafür zu sorgen, dass sie nicht durch Staub oder Schmutz verstopft werden. Zudem wird die Situation noch mehr erschwert, wenn alle übrigen nicht geplanten Lufteinlässe im Stall die geplante Verteilung der hereinkommenden Luft durcheinander bringen. Ein weiterer Gesichtspunkt ist zu erwähnen, dass 20-Jahre alte Gebäude im Allgemeinen mehr als 0,18 m² unerkannte „Lufteinlässe“ haben. Die meisten Kälberställe sind bei weitem nicht so „dicht“ und besitzen mehr Flächen ungeplanter Öffnungen als Häuser. Während die Absaugsysteme eine praktische Lösung für viele Anforderungen mit einem großen Belüftungsvolumen sein können, sind sie in Situationen mit einer niedrigen Luftaustauschrate besonders problematisch.

Überdrucksysteme liefern die Lösung

Ein Überdrucksystem mit einem Schlauch liefert drei entscheidende Vorteile: eine Stabilität der Leistung, eine gleichmäßige Verteilung der Frischluft und eine Kompatibilität mit natürlich belüfteten Ställen und Absaugsystemen im Winter. Da der Ventilator und der Schlauch mit den Löchern eine abgeschlossene Einheit darstellen, stellen Bedingungen wie Windstille oder unerkannte Ritzen in der Wand kein Problem dar.

Da die Systeme keine Luft umwälzen, reichern sich selten Partikel im Schlauch an oder verstopfen gar das ganze System. Sie liefern eine bemerkenswerte Stabilität während der gesamten Laufzeit. Mit der entsprechenden Planung ist der Luftaustritt im Schlauch von einem Ende zum anderen völlig gleichmäßig. Wenn der Verteilungsschlauch im Stall entsprechend platziert wird, können Innenräume mit kleinem Luftvolumen gut versorgt werden – während sie mit einem Absaugsystem entweder gar nicht oder nur mit sehr hohem Aufwand zu belüften sind.

Durch die erwähnten Möglichkeiten kann das Überdruck-Belüftungssystem in den meisten Fällen die saisonalen Einschränkungen korrigieren, die wir bei einer natürlichen Ventilation oder bei einem Absaugsystem in den Kälberställen sehen. Sie sind mit natürlich belüfteten Ställen durchaus kompatibel. Die Frischluft, die durch den Überdruckschlauch in den Stall geleitet wird, kann ihn belüften, und ohne Einschränkungen durch den offenen First oder den Raum oberhalb der Curtains an den Seitenwänden entweichen. Das Schlauchsystem kann zudem verwendet werden, um im Winter die Austauschraten in einem Stall mit einer mechanischen Absauganlage zu erreichen, indem für eine ausreichend große Einlassfläche gesorgt wird. So kann die Luft wieder ungehindert den Stall verlassen.

Das allgemeine Konzept besteht darin, mit dem Schlauchsystem im Winter für eine minimale Belüftungsrate zu sorgen. Entweder kann man dabei die natürliche Ventilation oder die mechanischen Absaugsysteme als die vorherrschende Methode bei gemäßigten Wetterbedingungen nutzen. Wegen dieser Vorteile werden die Überdruck-Belüftungssysteme mit dem Schlauch eine beliebte Lösung für viele Probleme der Atemwegserkrankungen in unseren herkömmlichen Ställen sein.