Ken Nordlund, DVM School of Veterinary Medicine
University of Wisconsin-Madison

Einführung

Obwohl die Kälberiglus in der Regel als bevorzugte Behausung für saugende Milchkälber gelten (Brand et al., 1996; McFarland, 1996), bauen viele Milchviehhalter immer noch Kälberställe. Die Kälberiglus stellen bei Kälte, Schnee und Regen zu viele Beschwerden und Unannehmlichkeiten für das Betreuungspersonal der Kälber dar. In jüngster Zeit wurden in vielen Betrieben natürlich belüftete Ställe mit einzelnen Abteilungen gebaut, um die Kälber von der Geburt bis zum Absetzen unterzubringen (McFarland, 1996; Holmes, 2000). Felduntersuchungen bei Rinderherden, die von der University of Winsconsin´s School of Veterinary Medicine durchgeführt wurden, haben gezeigt, dass es in diesen Ställen hauptsächlich während der Wintermonate oft zu enzootischen Pneumonien kommt. Die enzootische Pneumonie der Kälber wird im Allgemeinen oft mit schlecht belüfteten Umweltbedingungen in diesen Gebäuden in Zusammenhang gebracht. (Radostits et al., 2000; Callan und Garry, 2002).

Die Gestaltungsmerkmale in diesen Ställen erfüllen die allgemeinen Empfehlungen der natürlichen Belüftung in Tierställen im Winter, indem sie Öffnungen an der Traufe und an der Seite vorsehen. Sie ermöglichen dem gerade herrschenden Wind, Frischluft in das Gebäude zu drücken. Durch die Firstöffnungen kann die warme Luft, die durch den thermischen Auftrieb nach oben steigt, das Gebäude wieder verlassen (Albright, 1990). Während die meisten Ställe eine Firstöffnung und regelbare Curtains an den Seiten besitzen, unterscheiden sie sich deutlich durch die Baumaterialien, die Größe der Kälberboxen und deren Eingrenzung, dem Einstreumaterial und dem Management der Seitenöffnungen.

Abbildung 1: Innenansicht eines natürlich belüfteten Kälberstalls mit Reihen von Kälberboxen. Es gibt eine Firstöffnung oberhalb des nach Süden ausgerichteten, durchscheinenden Paneeldachs, veränderbare Seitenwände mit Curtains und einzelne Kälberboxen, die mit festen Paneelen eingezäunt sind. Die Fütterung ist nach vorne offen.

Innerhalb des Stalls sind viele Kälberboxen mit festen Paneelen an drei oder vier Seiten umschlossen. Einige sind zusätzlich noch mit einem Deckel versehen, um die Zugluft während der kalten Jahreszeit zu reduzieren (Holmes, 2000). Aber die Seitenwände können die Ventilation in diesen Boxen einschränken. Zusätzlich produzieren Kälber im Vergleich zu den erwachsenen Kühen relativ wenig Wärme. Dies schränkt die Möglichkeit deutlich ein, den Stall durch den thermischen Auftrieb zu belüften. Diese Faktoren führen dazu, dass die Mikroumgebung innerhalb des Stalls, in dem die einzelnen Kälber untergebracht sind, schlecht belüftet wird.

In den Wintermonaten des Jahres 2004 haben wir einen Feldversuch in 13 verschiedenen Kälberställen durchgeführt (Lago et al., 2006). Wir wollten die Gebäudefaktoren untersuchen, die mit einer verbesserten Gesundheit der Atemwege verbunden sind. Die Häufigkeit einer Atemwegserkrankung wurde mit Hilfe eines Bewertungssystems aufgezeichnet, das folgende Punkte umfasst: Körpertemperatur, Husten, Ausfluss aus der Nase und den Augen sowie herunterhängende Ohren. Die physikalische Umgebung wurde nach der Beschaffenheit des Raumes, der Temperatur, der Luftfeuchtigkeit, der Einstreu, der Ventilationsrate und anderer Eigenschaften bewertet. Die Lufthygiene in den Boxen und den Gängen wurde durch Zählen der Luftkeime festgestellt. Aufgrund der Befunde in dieser Studie hat unser Berater für Felduntersuchungen eine Reihe von Veränderungen für die Kälberboxen, für die Einstreu und für die Belüftung vorgeschlagen. Insbesondere die natürliche Belüftung in den Ställen sollte durch textile Überdruck- Luftverteilungsröhren unterstützt werden, um die Mikroumgebung der Kälberboxen ausreichend zu belüften. Dieser Artikel fasst die Schlüsselbefunde aus dem Feldversuch und die damit einhergehenden klinischen Empfehlungen zusammen. Wir bringen sie mit einer Verbesserung der Gesundheit der Atemwege bei den Kälbern in Verbindung.

Die Kälberboxen stellen eine Mikroumgebung innerhalb des Stalls dar

Eine der Schlüsselbefunde aus dem Versuch von 2004 bestand darin, dass die Kälberboxen eine Mikroumgebung innerhalb des Stalls darstellen. Mit dem Luftkeimsammler (airIDEAL bioMérieux, Inc., Hazelwood, MO), der nach der Impaktionsmethode arbeitet, wurden die Konzentrationen der Luftkeime in den Kälberboxen und den Gängen des Stalls gemessen. Das Gerät ist so konzipiert, dass es eine bestimmte Luftmenge pro Zeit über eine Agarplatte saugt. Dabei bleiben die Luftkeime auf der Agarplatte haften (Impaktmethode). Nach einer Bebrütung bilden diese lebenden Organismen sichtbare Kolonien, die gezählt und als Kolonien bildende Einheiten (KBE) pro Kubikmeter Luft bewertet werden. Die Konzentrationen der Luftkeime gelten als Risikofaktoren für Atemwegserkrankungen. Die baulichen Eigenschaften der Ställe wurden in Zusammenhang mit ihrem Einfluss auf die Konzentration der Luftkeime beurteilt.

Abbildung 2: Durchschnittliche Kolonien bildende Einheiten (KBE) pro Kubikmeter Luft auf einer Blut-Agar Platte vom Gang ( ■ ) und den Boxen ( □ ) aus 13 Kälberställen, in der Reihenfolge der aufsteigenden KBE/m³. * Alle Proben aus dem Stall L übertrafen unsere Fähigkeiten sie zu zählen und wurden als maximaler zählbarer Wert von 326,400 KBE/m³ angegeben.

 

In der Abbildung 2 sind die durchschnittlichen Luftkeimgehalte in den Boxen und in den Gängen der 13 Ställe aus der Studie abgebildet. Während die Luftkeimgehalte in den Gängen allgemein als ausgezeichnet beurteilt wurden, waren die Luftkeimgehalte in den Boxen äußerst unterschiedlich. Die Ausnahme bildete Stall L, in dem der First, die Traufe und die Seitenwände komplett geschlossen waren, und die Stallbelüftungsrate pro Stunde nahezu bei null lag. Die Belüftungsrate hing deutlich mit der Bakterienkonzentration in den Gängen zusammen, war aber nicht signifikant abhängig von der Bakterienkonzentration in den Kälberboxen. Die Belüftungsrate (Q gesamt) wurde berechnet, indem wir aus den Belüftungsraten, die aus dem thermischen Auftrieb (Q thermal) und der Windbewegung (Q wind) stammten, die Quadratsumme bildeten, wie von Albright (1990) beschrieben.

Aufzeichnungsgeräte für Temperatur und Luftfeuchte (Dickson, Addison, IL) wurden im Schatten außerhalb des Stalls und im zentralen Gang der Gebäude aufgestellt. Die Daten wurden dazu verwendet, um die Ventilation durch den thermischen Auftrieb zu schätzen. Der Unterschied zwischen der Innentemperatur minus der Außentemperatur betrug im Durchschnitt in einem zweistündigen Zeitraum 1.6°C, wobei die Messung am späten Vormittag begonnen wurde. Die Spannweite reichte aber von -4.2 bis 11.8°C. Wegen dieser Temperaturunterschiede ist es klar, dass der thermische Auftrieb nur wenig zur Belüftung im Kälberstall während des Winters beitrug. Die vorherrschende Windgeschwindigkeit wurde mit einem Anemometer 840003 gemessen (Sper Scientific, Scottsdale, AZ). Die Windrichtung in Relation zum Gebäude wurde gemessen und notiert. Beide Werte dienten dazu, den Einfluss des Windes auf die Belüftung zu schätzen.

In den Versuchsherden wurde die Luftaustauschrate in den Kälberställen auf 18 mal pro Stunde geschätzt (von 0 – 94), was deutlich mehr ist als die empfohlene minimale Rate von 4 mal pro Stunde während der Wintermonate (Bates und Anderson, 1979). Die Luftqualität in den Kälberboxen war in vielen der “überbelüfteten” Ställen schlecht. Auf Grund der Werte aus Abbildung 2 sorgt ein schlecht belüfteter Stall ganz sicher für eine unhygienische Luft im Stall. Allerdings ist ein gut belüfteter Stall kein Garant für hygienische Luft. Die Kälberboxen selbst sind Mikroumgebungen innerhalb des Stalls.

Bauliche Schlüsselfaktoren, die mit der Gesundheit der Atemwege von Kälbern zusammenhängen

Drei Faktoren haben sich im Zusammenhang mit der Verringerung der Atemwegserkrankungen bei Kälbern als bedeutend heraus kristallisiert: eine feste Platte zwischen jedem Kalb, eine ausreichend tiefe Einstreu für das Kalb „zum Einnisten“ und eine verringerte Menge der gesamten Luftkeime in der Boxenluft. Die Zusammenhänge dieser Faktoren sind in Abbildung 3 dargestellt.

Abbildung 3: Modell für einen Zusammenhang zwischen der Konzentration der Luftkeime und der Häufigkeit von Atemwegserkrankungen mit verschiedenen Kombinationen der Nestwerte und dem Vorhandensein oder Fehlen fester Wände zwischen jeder Box. Nestwert 3: Vorhandensein einer festen Wand (■); Nestwert 3: Fehlen einer festen Wand (□); Nestwert 2: Vorhandensein einer festen Wand (▲); Nestwert 2: Fehlen einer festen Wand (△), Nestwert 1: Vorhandensein einer festen Wand (●); Nestwert 1: Fehlen einer festen Wand (○).

 

 

Feste Wände zwischen den Kälbern

Die Häufigkeit von Atemwegserkrankungen in Kälberboxen mit Maschendraht unterscheidet sich erheblich von Atemwegserkrankungen in Kälberboxen mit einer festen Wand zwischen jeder Box, wie in Abbildung 3 dargestellt. Eine feste Wand zwischen jedem einzelnen Kalb ist die herkömmliche Empfehlung der Tierärzte und kann vielleicht dabei helfen, die Übertragung der Keime von einem Kalb zum anderen einzuschränken. Allerdings wurde die Anzahl der festen Seitenwände mit einer höheren Anzahl von Luftkeimen in Zusammenhang gebracht – ein Faktor, der der Gesundheit der Atemwege entgegensteht. Dieser verblüffende Effekt wird später in diesem Artikel diskutiert. Der wesentliche Punkt ist aber, dass die Boxen zwar durch eine feste Wand voneinander getrennt sein sollten, aber die Enden und die Oberseiten der Boxen sollten so offen wie möglich bleiben.

Ausreichende Einstreu, damit sich das Kalb „einnisten“ kann

Kälber sind für den Kältestress im Winter nicht ausgestattet. Die thermoneutrale Zone eines neugeborenen Kalbes liegt zwischen 10 und 26°C und für ein einmonatiges zwischen 0 und 23°C (Wathes et al, 1983). Der Feldversuch wurde zwischen Januar und März auf Betrieben in Wisconsin durchgeführt. Die Durchschnittstemperatur in den Ställen betrug für eine zweistündige Periode um die Mittagszeit 3.9°C und reichte von – 6.7 bis 12.2°C. Die Temperaturen während der Nacht waren niedriger. Um es klar zu sagen, die jungen Kälber waren während vieler Tage und Nächte, an denen der Versuch durchgeführt wurde, Temperaturen unterhalb ihrer thermoneutralen Zone ausgesetzt.

Die Einstreu liefert eine sehr effektive Maßnahme, um die Wärmeverluste der Kälber zu verringern. Ist die Einstreu ausreichend tief, kann sich das Kalb „einnisten“, und einen Bereich mit warmer Luft um sich herum schaffen, der die kritische niedrige Temperatur für das Kalb zum Teil ausgleicht (Webster, 1984). Während verschiedene Gesichtspunkte der Einstreu – wie etwa die Art und die Beschaffenheit der Trockenmasse – beurteilt wurden, hat sich ein entscheidender Faktor herausgebildet. Es wurde eindeutig ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit der Atemwegserkrankungen von Kälbern und der Art und Weise seines „Einnistens“ festgestellt. Als Nestwert 1 wurde bezeichnet, wenn das Kalb auf der Einstreu liegt und die Füße frei zu sehen sind. Der Nestwert 2 wurde zugeteilt, wenn sich das Kalb leicht in die Einstreu einnistete, aber ein Teil der Gliedmaßen über der Einstreu lag. Der Nestwert 3 wurde verwendet, wenn das Kalb sich tief in das Einstreumaterial einnistete und die Gliedmaßen nicht mehr zu sehen waren, wie in Abbildung 4 gezeigt wird. Da sich nicht alle Kälber bei der Beobachtung niederlegten, wurde der Nestwert jedem einzelnen Stall zugewiesen, je nach Häufigkeit der beobachteten Werte.

Abbildung 4: Ein Beispiel für „Nestwert“ 3: die Gliedmaßen dieses Kalbes stecken vollständig in loser Einstreu und sind nicht mehr sichtbar.

 

 Niedrige Werte sämtlicher Luftkeime innerhalb der Kälberbox

Niedrige Werte der gesamten Luftkeime in einem Stall waren zweifellos der Grund für eine geringere Häufigkeit von Atemwegserkrankungen. Sämtliche Luftkeime, die auf den Nährböden gefunden wurden, sind Mischpopulationen – die gewöhnlich dominiert werden von Staphylokokken, Streptokokken, Bacillus und E. Coli. Sie gelten nicht als Erreger für Atemwegserkrankungen. Wir haben ebenso die Konzentration der coliformen Luftkeime auf einem eosin-methylenblauem Nährboden gemessen, konnten aber keinen signifikanten Zusammenhang mit der Häufigkeit von Atemwegserkrankungen erkennen.

Die Gesamtzahl der Luftkeime sollte nicht als Ursache der Atemwegserkrankungen angesehen werden, sondern eher als Marker für schlecht belüftete Räume. Wathes et al. (1984) betonten, dass die meisten Luftkeime nicht pathogen sind. Allerdings selbst tote Luftkeime können eine Belastung für die Abwehr des Atmungstrakts sein. Der eigentliche Krankheitsauslöser könnte einer von vielen Bestandteilen der Bakterien- und Pilzzellen stammen, einschließlich Endotoxine, Enzyme, Glucane und andere. Weil die Kälber 100% ihrer Zeit in den Kälberboxen verbringen, sind sie der Luft in dieser Mikroumgebung dauerhaft ausgesetzt. Luft, die hochgradig mit nicht pathogenen Mikroorganismen am Arbeitsplatz der Menschen kontaminiert ist, wird als Risikofaktor für Atemwegserkrankungen angesehen. Obwohl spezifische Grenzwerte der Exposition noch nicht festgelegt wurden, wird die Luft mit einer Bakterienkonzentration, die in der Größenordnung über der Außenluft oder „nicht kontaminierter“ Regionen liegt (gewöhnlich weniger als 104 KBE/m³) als „kontaminiert“ erachtet (Eduard und Heederik, 1998).

Wenn man die oben genannten Punkte betrachtet, erkundigen sich viele Leute nach dem Ammoniakgehalt in der Box. Ammoniak wurde gemessen und betrug 2.2 ppm quer durch alle Ställe und reichte von 0 – 4 ppm. Alle Werte wurden als niedrig erachtet und nicht mit Problemen der Atemwege verknüpft.

Möglichkeiten, um die Konzentration der Luftkeime in den Boxen zu reduzieren

Es wurden vier Faktoren gefunden, die in einem deutlichen Zusammenhang mit niedrigen Luftkeimgehalten in den Boxen stehen: Weniger feste Wände um die Boxen, größere Fläche in den Boxen, Absenken der Temperatur in den Boxen und Holzspäne oder anderes Einstreumaterial außer Stroh. Zwei der Faktoren, den Luftkeimgehalt zu senken – nämlich die Anzahl der Seitenwände zu reduzieren und ein Einstreumaterial außer Stroh zu verwenden – werden mit den Faktoren verwechselt, um die Atemwegserkrankungen zu reduzieren: nämlich einer festen Wand zwischen jeder Box und ein tiefes Nest in der Stroheinstreu. Praktisch gesprochen überwiegen die gesundheitlichen Vorteile einer festen Abtrennung zwischen den Kälbern und einer guten thermischen Kontrolle durch ein Nest in tiefem Stroh die Effekte der ansteigenden Luftkeimgehalte. Die umsetzbaren Punkte sind: die Fläche der Box zu vergrößern, eine feste Abtrennung zwischen jedes Kalb anzubringen aber die Enden und die Oberseite so offen wie möglich zu lassen und zusätzlich ein Belüftungssystem einzusetzen, um die Konzentration an Mikroorganismen innerhalb der Kälberboxen zu verringern.

Vergrößere die Fläche innerhalb der Kälberbox

Die Belegungsdichte wird als Haupteinflussfaktor für die Konzentration der Luftkeime betrachtet (Wathes et al. 1984). Die durchschnittliche Fläche der einzelnen Boxen in allen Ställen betrug 3 m², mit einer Spanne von 2.3 bis 4.1 m². Unsere Unterlagen deuten an, dass eine Vergrößerung der Fläche von 2.3 auf 4.1 m² den Gesamtgehalt der Luftkeime nahezu um die Hälfte reduziert.

Verringere die Anzahl der festen Wände um die Kälberbucht

Die Zahl der festen Wände um die Kälberbuchten sollte auf zwei Seiten beschränkt werden. Unser idealer Kälberstall sollte zwei feste Seiten und eine kurze feste Wand mit einer Höhe von ca. 50 cm an der Rückwand des Stalls haben. Weitere Abtrennungen der Buchten erhöhen den Luftkeimgehalt dramatisch. Wenn es mehrere Reihen an Kälberbuchten innerhalb eines Stalles gibt, sollte jede Reihe durch mehrere Meter Breite getrennt werden. Falls sie einander angrenzen müssen, sollten die Kälber durch eine dritte Wand getrennt werden und es sollten zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden, um die Bakterienkonzentration zu verringern.

Die Praxis, die Kälberbox mit einem schwebenden Dach abzudecken oder die Kälberbucht mit einer festen Vorderwand mit kleiner Öffnung fürs Futter abzuschließen, sollte der Vergangenheit angehören. Aus dieser Feldstudie ist klar ersichtlich, dass die Handhabung der Wärmebelastung durch eine reichliche Einstreu mehr Erfolg verspricht als eine zusätzliche Abschottung.

Zusätzliche Überdruckbelüftung

Weil die Gesamtmenge an Luftkeimen mit der Häufigkeit der Atemwegserkrankungen junger Kälber zusammen hängt, wurde in Problembetrieben durch unsere technische Abteilung eine Reihe von Verfahren ausprobiert. Die erfolgreichste Maßnahme war die Installation eines zusätzlichen Überdruck- Belüftungssystems wie es in Abbildung 5 dargestellt ist. Frische Außenluft wird durch ein Überdruck-Röhrensystem gedrückt und nach unten in die Mikroumgebung geleitet. Gegenüber einer Lüftungsanlage aus Blech haben wir, vor allen Dingen aus Kostengründen, Schlauchsysteme aus Stoff oder Polyethylen empfohlen. Das Ziel ist es, kleine Mengen an Frischluft in die Mikroumgebung zu bringen, ohne Zugluft zu erzeugen. Zugluft wird als eine Windgeschwindigkeit über 0.3 m/s beschrieben (Wathes et al., 1983).

Abbildung 5: Innenansicht eines natürlich belüfteten Kälberstalls mit 4 Reihen individueller Kälberbuchten. Zwei Überdruck-Luftverteilsysteme wurden installiert, um kleine Mengen an Frischluft von außen zu jede Box innerhalb des Stalles zu bringen.

 

Im Allgemeinen wurden die zusätzlichen Installationen mit den folgenden allgemeinen Festlegungen entworfen. Frischluft wird in jede Kälberbucht mit einem ungefähren Volumen von 0.25 m³/h pro Kalb geliefert. Dieses Luftvolumen stimmt mit den Empfehlungen für herkömmliche mechanische Systeme überein (MWPS-32, 1990). Die Ventilatoren werden an der Außenwand montiert und die Schläuche werden direkt an den Ventilatoren befestigt, um eine Umwälzung der Innenluft zu verhindern. Die Luftverteilungsröhren werden an Stahlseilen aufgehängt, die zwischen den Wänden gespannt sind.

Die nach Maß ausgestanzten Löcher sind so berechnet, dass die Luft erwartungsgemäß die Löcher mit einer Geschwindigkeit von 4.0 bis 4.57 m/s verlässt. Die Schlauchhersteller bieten normalerweise eine Reihe von Lochdurchmessern von 2.54 bis 7.64 cm an. Wenn die Luft aus zwei Löchern mit unterschiedlichem Durchmesser mit genau der gleichen Geschwindigkeit austritt, hat die Luft, die aus dem größeren Loch kommt eine größere Wurfdistanz. Angenommen, die empfohlene Austrittsgeschwindigkeit wurde beachtet, empfehlen wir 5.0 cm Löcher, wenn die Kälber 3.35 Meter vom Schlauch entfernt sind, 6,35 cm Löcher bei einer Entfernung von 3.65 – 4.57 Metern und 7.6 cm Lochdurchmesser, wenn sich die Kälber mehr als 4.87 Meter vom Schlauch entfernt befinden.

Die Löcher werden in verschiedenen Positionen, wie bei einem Zifferblatt, gestanzt. Je höher der Schlauch über den Kälberbuchten hängt, umso vertikaler ist die Lochposition. Wenn sich die Unterseite des Schlauchs 2.43 bis 3.65 Meter über dem Boden befindet, werden die Löcher normalerweise in einer Position zwischen 4 und 8 Uhr gestanzt. Ist sie höher als 3.65 Meter, liegt die Anordnung der Löcher zwischen 5 und 7 Uhr (immer in Windrichtung gesehen).

Überdruck-Lüftungsschläuche können für zusätzliche Belüftung in der Mikroumgebung sowohl bei natürlicher Lüftung als auch bei Absaugsystemen sorgen.

Eine Komplikation hat sich bei den Windtunnel-Kälberställen herausgestellt. Die klinischen Untersuchungen haben hohe Luftkeimgehalte in Kälberboxen mit festen Seitenwänden in den Windtunnelställen ergeben. Dort weht die Luft mit einer Geschwindigkeit von über 4.5 km/h über die Kälberbuchten hinweg. Überlegungen, kleine Luftmengen mit einem Überdruck-Verteilschlauch zu liefern, sind in dieser Situation gescheitert. Die Luft, die aus dem Überdruckschlauch kommt, wird vom Windtunnel-Luftstrom gefangen und wird niemals die Mikroumgebung der Kälberbox erreichen. In diesen Fällen muss die Auslasskapazität des Absaug-Windtunnelsystems deutlich reduziert werden, damit das zusätzliche Belüftungssystem funktioniert.

SCHLUSSFOLGERUNG

Individuelle Kälberboxen sollten als Mikroumgebungen innerhalb des Kälberstalles betrachtet werden. Eine Belüftung des Stalls sichert nicht unbedingt eine Belüftung der Boxen. Während der kalten Witterung, wenn das Kalb häufig Temperaturen unterhalb seiner neutralen Zone ausgesetzt ist, gibt es im Zusammenhang mit der Atemwegsgesundheit drei bauliche Schlüsselfaktoren. Nämlich feste Wände zwischen jedem Kalb, tiefe Einstreu, die es dem Kalb ermöglicht sich einzunisten, und eine niedrige Gesamtkonzentration der Luftkeime in der Kälberbox. Praktische Ansätze, um die Gesamtkonzentrationen an Luftkeimen in den Kälberboxen zu reduzieren, sind: die Boxen zu vergrößern, die Anzahl der Seitenwände zu verringern und Abdeckungen über den Boxen zu vermeiden. Zusätzlich sollten durch ein Überdruck-Belüftungssystem kleine Mengen an Frischluft in die Kälberboxen geleitet werden. Die klinischen Erfahrungen zeigen, dass diese Ansätze normalerweise erfolgreich sind, um endemische Lungenentzündungen bei den Kälbern erfolgreich zu reduzieren, wie man sie häufig in modernen, natürlich belüfteten Ställen findet.

LITERATUR

Albright, L.D. 1990. Pages 319-345 in Environment Control for Animals and Plants. American Society of Agricultural Engineers. St. Joseph, MI.

Bates, D.W., and J.F. Anderson. 1979. Calculation of ventilation needs of confined cattle. JAVMA 174:581-589.

Callan, R.J., and F.B. Garry. 2002. Biosecurity and bovine respiratory disease. Vet. Clin. North Am. Food Anim. Pract. 18:57-77.

Eduard, W., and D. Heederik. 1998. Methods for quantitative assessment of airborne levels of noninfectious microorganisms in highly contaminated work environments. Am. Ind. Hyg. Assoc. J. 59:113-127.

Holmes, B. 2000. Pages 27-45 in Dairy Freestall Housing and Equipment, MWPS-7, 7th ed. Midwest Plan Service, Iowa State University, Ames, IA.

Lago, A., McGuirk, S.M., Bennett, T.B., Cook, N.B., and K. V. Nordlund. 2006. Calf respiratory disease and pen microenvironments in naturally ventilated calf barns in winter. J Dairy Sci 89: 4014-4025.

Lundborg,G.K., E.C. Svensson, and P.A. Oltenacu. 2005. Herd-level factors for infectious diseases in Swedish dairy calves aged 0-90 days. Prev. Vet. Med. 68:123–143.

McFarland, D. 1996. Pages 82-94 in Calves, Heifers, and Dairy Profitability. NRAES-74. NRAES, Ithaca, NY.

MPPS-32. 1990. Mechanical Ventilating Systems for Livestock Housing. MidWest Plan Service. Iowa State University. Ames, Iowa 50011.

Radostits, O.M, Gay, C.C., Blood, D.C., and K.W. Hinchcliff. 2000. Pages 1160-1168 in Veterinary Medicine, 9th ed. W.B. Saunders. London, United Kingdom.

Wathes, C.M., C.D.R. Jones, and A.J.F. Webster. 1983. Ventilation, air hygiene and animal health. Vet. Rec. 113:554-559.

Webster, J. 1984. Pages 71-97 in Calf husbandry, health and welfare. Collins. London, United Kingdom.